In tosenden Gewässern den Kopf über Wasser halten

 

Dies ist ein persönlicher Text über eine spirituelle Krise, die ich in meinem christlichen Glauben, erlebt habe. 

Bitte gehe achtsam und respektvoll damit um, auch wenn Dich das Thema vielleicht nicht betrifft oder Dir fremd ist. 

Dieser Text entstand Mitte des Jahres 2022.

 

 

Ich bin gläubige Christin und frage mich aktuell, ob es Gott überhaupt gibt? 

In vielen Situationen frage ich mich, ob Gott mich vergessen hat.

Wie kam es dazu?

 

Mit ca. 35 Jahren kam ich zum Glauben. Es war ein junger und naiver Glaube.

Ich war begeistert und enthusiastisch, wollte alles wissen und verstehen.

Vielleicht auch mit den anderen - die schon länger glauben - aufholen.

Ich hatte keine Ahnung von Theologie und kaum Bibelwissen. 

In den Gottesdiensten meiner Gemeinde fand ich praktische und lebensnahe Predigten.

Das sagte mir sehr zu und ich wollte eine „gute Christin“ sein.

Nicht fromm, aber fest im Glauben verwurzelt. 

 

Ich hatte viele Fragen, die in meiner Kleingruppe auch beantwortet wurden.

So wuchs ich langsam in die Lehre Jesus Christus hinein.

Das gab mir Halt und Sicherheit. Da ich noch unerfahren war, schaute ich mir auch viel bei den anderen ab -

wie „man so glaubt“.

Einige Jahre gingen ins Land.  Mal fühlte ich mich mehr verbunden, mal weniger.

Aber es war immer „genug“ Glaube da. 

Bis ich vor einige Wochen in eine spirituelle Krise hinein geriet. 

 

Es war ein schleichender Prozess. Drängende Fragen taten sich auf. 

Gebete spendeten nicht mehr wie gewohnt Trost. Predigten berührten mich nicht mehr in der gleichen Weise. 

Ein überwältigendes Gefühl des Verlassen-Seins machte sich breit. 

Wo war alles hin? Glaubte ich nicht mehr? 

Ein Kaleidoskop an unangenehmen Gefühlen brach über mir herein.

In tosenden Gewässern den Kopf über Wasser halten. 

 

Zudem nahm ich etliche (Schatten-)Themen mit in meinen Glauben.

„Mein“ Leistungsantreiber tauchte auf. 

Dieser zeigte sich in Form von: „Du musst mehr machen“. 

Öfter in den Gottesdienst gehen.

Mehr in der Bibel lesen.

Mehr beten. 

Eigentlich mehr von allem. 

Ist es nicht das, was Gott will? 

Ja, was will Gott eigentlich?

 

Es gab Momente in denen ich mich fragte, ob es Gott eigentlich gibt.

Menschen, die nicht glauben, werden diesen Schmerz nicht verstehen.

Werden es vielleicht belächeln.

Für mich gab es immer wieder Momente, in denen mich dieser Gedanke in Verzweiflung stürzte.

War Gott letztlich nur eine große Projektionsfläche für Menschen?

Ich fühlte mich schuldig für diesen Gedanken.

Wo war meine Gottesfurcht? 

Muss ich einen liebenden Vater fürchten? 

Hin und her gerissen taumelte ich durch mein Glaubensleben. 

In tosenden Gewässern den Kopf über Wasser halten. 

 

Ich hatte tausend aufreibende Fragen und erdrückende Gedanken. 

Will Gott mich mit meinen aktuellen Herausforderungen strafen?

Mache ich das, was ich mache, überhaupt richtig?

Warum habe ich nur Fragen im Kopf, während andere augenscheinlich die Antwort auf alle Fragen gepachtet haben?

Ich war wütend und eifersüchtig.

Was machen sie anders?

Besser?

Richtiger, als ich?

Also ob sie ein Geheimnis in sich trügen oder in eines eingeweiht wären.

Ich kam mir dumm vor und war neidisch auf christliche Prediger*innen. 

War das letztlich alles ein großer Schwindel? Ich schämte mich für diesen Gedanken.

Ich darf das nicht denken. Was darf ich eigentlich denken?

Schuld war eine große Last auf meinen Schultern.

 

Wie können andere - vermeintlich - soooo fest in ihrem Glauben verankert sein und ich nicht?

Bin ich die einzige, die hier struggelt? Wie machen die anderen das? Was ist ihr Geheimnis, habe ich mich oft gefragt. 

Anscheinend finden sie immer Trost und Zuflucht in ihrem Glauben. Gehen ins Gebet und kommen - auf wundersame Weise - gestärkt wieder hervor. 

Ich hatte einfach nur das Gefühl mit mir selbst zu sprechen. 

 

Ich hatte tausend Fragen, aber keine Antworten. 

Ich fühlte mich verlassen und fragte mich, ob ich die Verlassenheitsthematik aus meiner Kindheit auf Gott projizierte?

Es fühlte sich an, als ob ich alleine durch ein Geisterhaus wandelte. Niemand da. 

In tosenden Gewässern den Kopf über Wasser halten. 

 

Wo waren all die verheißungsvollen Begegnungen und Gefühle von denen alle sprachen?

Wieso erhielten manche Menschen Botschaften von Gott und ich nicht?

Auch wenn ich immer wieder danach fragte. Seit vielen Jahren. Bis heute.

Mache ich etwas falsch? Erkenne ich sie nicht? Gibt es eine bestimmte Methode?

Ich war überwältigt. 

 

Ich habe noch nie Gottes Stimme in meinem Ohr gehört. Noch nie in meinen Träumen etwas erfahren. 

Hunderte Videos und Podcasts habe ich zu diesem Thema gesehen und gehört.

Ich war entschlossen es herauszufinden.

Alle schienen zu wissen wie es geht. Nur ich nicht. 

Ich blieb orientierungslos zurück.

In tosenden Gewässern den Kopf über Wasser halten. 

 

Da ist sie wieder diese überwältigende Traurigkeit, vergessen worden zu sein. 

Auf all die Fragen habe ich keine Antworten.

Ich kämpfte mich weiter durch diese Krise.

 


Weiterführendes:

 

Podcast

Im Dezember 2023 habe ich eine Podcastfolge zum Theme "Spirituelle Krise - was ist das?" veröffentlicht. Sie hat zum Ziel das Phänomen näher zu beleuchten und besser verständlich zu machen.

 

 

Bücher

Folgende 3 Bücher empfand ich in dieser Zeit (Mitte 2022) unterstützend:

Weitere Bücher findest Du hier

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Predigt

Diese Predigt habe ich als hoffnungsspendend erlebt:

  • Stephanie Ike, "All is well", Youtube

 

Musik

Die "Playlist for the Hurting" kann in solchen und anderen Krisenzeiten eine Unterstützung sein. 

 

 

Bitte überprüfe selbst, ob die Inhalte für Deine spezifische Glaubensausrichtung geeignet sind. 

Zudem will ich anmerken, dass ich von den o. g. Autor*innen lediglich vorgestellte Werke kenne/gelesen habe. Weitere Werke, Aussagen, Predigten, etc. können von meinen und Deinen christlichen Überzeugungen und Ansichten abweichen. 

 

 

Dieser Text entstand Mitte des Jahres 2022.

Foto: Unsplash, Li Yang